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Bonsai Stil: Bunjingi - Literatenform des Bonsai
Bunjingi ist eine der traditionellen Bonsai-Stilformen. Der Name kommt von jap. Bunjin (文人) "die Männer der Kunst und Literatur", wird aber meist mit "Literat" übersetzt. Als Bonsai-Stilform im Deutschen als "Literaten-Stil" bezeichnet.
Bonsai im Bunjingi-Stil zeichnen sich durch einen hohen, dünnen und meist elegant geschwungenen Stamm, wenig Äste und spärliche Belaubung aus.
Die Erscheinung beziehungsweise die Gestalt eines als Bunjingi gestalteten Bonsai muss sich nicht zwangsläufig auf ein Vorbild in der Natur beziehen, sondern kann vielmehr gleichgesetzt werden mit Poesie. Besonders Ästhetischen Bunjingi werden oft Gedichte oder Verse zugeordnet beziehungsweise auch nur für einen einzelnen Baum ein Gedicht oder Vers geschrieben. Unter Bonsaigestaltern und -künstlern gilt die Gestaltung eines Bunjingi als die Meisterschaft.
Geschichte
In der Edo-Zeit erfuhr die Mode der Topfkultivierung von Pflanzen und Bäumen einen starken Aufschwung, nicht zuletzt durch das Vorbild des damaligen Shogun Tokugawa Iemitsu. Damals sammelte man vor allem Pflanzen, deren Blüten und Blätter auffällige Mutationen hervorgebracht hatten und so in der Natur nicht vorkamen. Viele dieser Bäume wiesen Krümmungen und Biegungen auf, die uns heute unnatürlich erscheinen („Oktopus-Stil", einige Exemplare aus Iemitsus Sammlung sind bis heute erhalten). Diese seltenen Pflanzen wurden bald zu Spekulationsobjekten, ganz ähnlich wie beim holländischen Tulpenfieber.
Gegen Ende der Edo-Periode kam das Shogunat ins Wanken, vor allem die Bunjin taten sich von Kyoto und Ōsaka aus als Organisatoren von Demonstrationen und anderen anti-monarchistichen Aktionen hervor. Sie wandten sich auch gegen die sehr artifizielle Bonsai-Kultur dieser Zeit, und aufgrund ihrer Beschäftigung mit chinesischer Malerei und Literatur fanden sie zu einem neuen Stil. Sie bevorzugten heimische Arten wie Kiefern und Ahorne und nahmen die Natur zum Vorbild für ihre Gestaltungen. In der damaligen kunsttheoretischen Literatur (beispielsweise im „Handbuch der Malerei des Gartens des Senfkorns", im „Yuo Hikusai-gafu" und im „Kaishi-en-kaden") wurden die heute bekannten Stilformen wie Kengai und Chokkan bereits formuliert.
Während die Herrschenden eine Politik der Isolierung betrieben und eine Reise nach China bei Todesstrafe verboten war, formten sich die japanischen Gelehrten ihr eigenes kleines China aus Felssteinen und Pflanzen nach. Dabei wurden die Bäume immer stärker zum Ausdruck ihrer Vorstellung von einem Leben, in dem man seine Ideale kompromisslos verwirklichen kann.
Anfang der Meiji-Zeit entdeckte auch die Tokioter Oberschicht ihre Liebe zum Bonsai. Das Gestaltungsideal war jedoch nicht länger die Form natürlich wachsender Bäume, sondern ihre Nähe zur chinesischen Malerei. Bonsai wurden in Teehäusern ausgestellt und erreichten allmählich auch die unteren Schichten der Bevölkerung. Nach dem Sieg im Krieg gegen China und Russland verkörperten sie wieder den Geist des Revolutionären in einem Klima des von oben verordneten Nationalismus und avancierte endgültig zur Kunstform, die auch auf Ausstellungen gezeigt wurde. Man wollte „ein Kunstwerk schaffen, das natürlicher als die Natur selbst ist, wobei stets die Schönheit der Natur als Vorbild dient". Gegen Ende der Meiji-Zeit formte sich das noch heute gültige Gestaltungsideal aus, wonach Bunjingi einen hohen, geschwungenen Stamm und wenig Äste aufweisen sollen.
Seit etwa 1945 ist Bunjingi eigenständige Stilform, die jedoch Merkmale der anderen Stile aufweisen kann.